Munich Media Watch

Uns bewegt, was Medien bewegt.

Slow Journalismus

Wie Medien die Langsamkeit und Entschleunigung für sich entdecken.

Von Antonia Brunet

ZeitschriftWir befinden uns im Jahr 2015. Die Nachrichten der gesamten westlichen Welt bestehen gefühlt nur noch aus Livetickern, Eilmeldungen und Skandal-Berichterstattung. In der ganzen westlichen Welt? Nein! Eine kleine Redaktion mitten im hektischen London leistet dieser Form von Journalismus Widerstand. Das britische Magazin Delayed Gratification erscheint vier Mal jährlich und berichtet über die Nachrichten der vergangenen drei Monate; so erschien im Dezember 2014 die 16. Ausgabe über Juli-September 2014.

Aber warum sollte sich jemand für die Nachrichten von gestern interessieren? Statt der erste zu sein, der eine Geschichte aufgreift, ist das Ziel von Delayed Gratification: „Last to breaking news“. Ihr Alleinstellungsmerkmal ist es, als letzte vor Ort zu sein. Wenn bestimmte Themen schon von der Medienagenda verschwunden sind und man nichts mehr über sie hört, greift das Magazin sie auf. Das Team um Rob Orchard recherchiert, Zeitschriftsinhalt_01berichtet über Hintergründe sowie Folgen und will Antworten auf die Frage geben „Was ist daraus eigentlich geworden?“. Im Inneren des Magazins werden investigative Geschichten, Kuriositäten und Infografiken chronologisch mit viel Liebe zu Design und Detail aufbereitet. Mein persönliches Highlight ist die Seite „The butterfly effect“, die jede Ausgabe einen anderen unglaublichen Zusammenhang beleuchtet.

Die Zeitschrift existiert seit 2011 und wenn man der ZEIT glaubt, dann verdient Rob Orchard erst seit Sommer 2014 genug, um von Delayed Gratification zu leben. Bei der Zahl von 5.000 Abonnenten und 2.000 verkauften Heften am Kiosk ist auf jeden Fall noch Platz nach oben. Aber vielleicht findet das Wachstum für eine entschleunigte Zeitschrift eben auch langsamer statt.

Doch was ist das eigentlich, dieser Slow Journalism, diese revolutionäre Bewegung im Medienwesen?

Die Slow Journalism Bewegung findet auch in Deutschland immer mehr Anhänger. Prominentestes Slow Media_ResonanzBeispiel sind drei Journalisten, die in Zusammenarbeit mit Kollegen auf der ganzen Welt das Slow Media Institut ins Leben gerufen haben. Online könnt ihr das Manifest zu ihrer Philosophie und weltweite Reaktion auf der Landkarte einsehen.

Über Antonia Brunet

“Lieber Wochen- als Tageszeitung: Ausgiebig und ganz ohne Zeitdruck. Lieber Print- als Onlinemedien: Haptik rockt! Lieber Special Interest Zeitschriften als Sensationen für die Masse: Ich blättere in Dogs, deli & Co. Lieber private als öffentlich-rechtliche Sender: TV mit Unterhaltungswert.”

3 Kommentare zu “Slow Journalismus

  1. Susanne
    23. Januar 2015

    Hallo Ihr liebes MMW-Team,
    Herzlichen Dank für den Beitrag Slow Journalism!
    Es war überfällig! In Zeiten, in denen es nur noch darum geht, aktuellste aufreisserische Nachrichten zu bringen, die Stunden darauf in die Ablage und Vergessenheit geschoben werden, um wieder Platz für neuen Anriss zu schaffen war es mehr als überfällig. Sowohl für die Qualität des Journalismus selbst, unseren Umgang damit, als auch was diese Art Journalismus aus/mit uns Menschen macht.
    Gibts die “Delayed Gratification” in Deutschland zu kaufen?
    Macht weiter so und vielen Dank!

    Susanne

  2. Antonia Brunet
    23. Januar 2015

    Hallo Susanne,
    super, dass es Dir gefällt! Die „Delayed Gratification“ kann online über deren Homepage auch nach Deutschland bestellt werden!
    LG Antonia

  3. Pingback: Schneller leben schneller sterben. | ©lz

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Dieser Eintrag wurde veröffentlicht am 17. Januar 2015 von in Allgemein, Aufgefallen und getaggt mit , , , , , , .
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